Chile & Patagonien verstehen
In den sieben Wochen, in denen wir das vielfältige Land Chile und den argentinischen Teil von Patagonien bereisten, lernten wir Südamerika wieder von einem ganz anderen Blickwinkel kennen. Die Besonderheiten und Eigenheiten, die wir während unserer Reise durch Chile und Patagonien erlebten, fassen wir hier zusammen.
Als wichtigstes kann gesagt werden, dass durch die geografischen Gegebenheiten des Landes, vorallem der Länge, es sehr schwierig ist einheitliche Schlüsse zu ziehen. Der Norden unterscheidet sich komplett zum Süden und die Region Santiago ist nochmal anders. Geschweige denn von der Osterinsel, die zwar offiziell zu Chile gehört, deren Einwohner (Rapa nui) aber von Polynesien stammen.
Geographie
Chile ist 4300 km lang und durchschnittlich 180km breit. Im Norden bedeckt die Atacama Wüste große Flächen. Die Anden verlaufen von Nord nach Süd entlang der Grenze zu Argentinien. Dabei flachen diese von bis zu 6000 Höhenmetern auf 1500 im Süden ab. Grob gesagt ist Chile in vier Regionen geteilt – die Wüste im Norden, die Weinregion um Santiago, die Seenlandschaft von Santiago bis Puerto Montt und südlich davon Patagonien mit einem Teil des Feuerlandes. Im Süden Chiles gibt es ein Ozon Loch weshalb die Sonne dort auch bei kälteren Temperaturen bemerkbar stark ist.
Tipps:
- Klamotten für alle Wetterlagen einpacken – vorallem der Süden und die Nächte sind kalt
- Nur ein oder zwei Regionen planen, wenn nicht viel Zeit vorhanden
- Nord-Süd Strecken nicht unterschätzen – Chile ist sehr lang
- Inlandsflüge sind relativ günstig, evtl. eine Alternative zu langen Busfahrten
Menschen generell
Die Menschen in Chile sind wieder offener und selbstbewusster als in Bolivien. Wir trafen nur freundliche und entspannte Leute. Dabei ist ihnen aber bewusst, dass es ihnen wirtschaftlich im Gegensatz zu anderen südamerikanischen Ländern gut geht. Einen großen Unterschied, den wir mitnahmen war aber, dass die Menschen in der Stadt wesentlich westlich orientierter waren als in den Dörfern. In den Dörfern war das Leben sehr entspannt mit einer gewissen „Passt schon“ Einstellung. Die Motivation mehr als das Nötigiste zu machen fehlte jedoch meist.
Zu den Nachbarländern Bolivien und Argentinien haben die Menschen eine komplizierte Beziehung. Chilenen und Bolivianer können nicht gut miteinandern. Dies mag wahrscheinlich an dem Pazifikkrieg liegen, bei dem Bolivien seinen Zugang zum Meer an Chile verlor. Für Chilenen ist in Bolivien alles schmutzig und schlecht, aus Sicht der Bolivianer sind Chilenen arrogant und hochnäsig. Das Verhältnis zu Argentiniern ist deutlich besser. Die Menschen kommen sehr gut miteinander aus. Es herrscht aber eine große Rivalität zwischen den Menschen – so bestehen die Einwohner beider Länder darauf den besseren Wein zu produzieren, den schöneren Teil von Patagonien zu haben und so weiter.
Essen und heimische Speisen
Chile war in jeder Hinsicht westlicher oder auch europäischer als der Rest Südamerikas. Dies zeigte sich unteranderem am Essen. Zum ersten Mal gab es verschiedene Wurst und Käsesorten im Supermarkt. Auch im Obstregal lagen Äpfel und Birnen anstatt Bananen und Mangos.
Wir fanden auch keine Märkte mehr in Chile, sondern stattdessen große Supermarktketten, die alles hatten was man sich vorstellen konnte. Aber auch die Preise der Lebensmittel passten zu Europa. Die meisten Sachen, die nicht importiert sind, kosten etwa so viel wie in Deutschland. Menüs (Mittagessen) in Restaurants fangen bei 5-8€ an, weshalb wir in Chile wieder mehr selbst in der Küche standen. Eine weitere Auffälligkeit war der Mate-Tee anstatt dem Anden Getränk Kokatee. In Chile sowie in Argentinien sahen wir ständig Menschen Mate-Tee trinken. Das Getränk hat dort Tradition und ist weitaus mehr als nur ein Tee. Es wird als festiver Moment genommen, in dem Familie oder Freunde zusammen kommen. Ein Mate Becher wird dabei im Kreis mit heißem Wasser rumgegeben und es wird immer wieder ein paar Schlücke Wasser auf die Mate Blätter nachgeschüttet. Was uns aber erstaunt hat war, dass die Menschen sogar ihren Tee mit Thermoflasche auf die Wanderungen mitnahmen, um auf dem Gipfel davon trinken zu können.
Eine weitere Besonderheit war der Kampf gegen die Fettleibigkeit Südamerikas. In den meisten Ländern gibt es eine hohe Anzahl an übergewichtigen Menschen, insbesondere ist das Problem bei Kindern sehr groß. Um diesem entgegenzuwirken hat Chile Verbote aufgestellt. Unteranderen wurden Produkte, die Kinder ansprechen sollen, aus dem Sortiment genommen, zum Beispiel das Überraschungsei von Kinder – der Name und das Produkt spricht direkt Kinder an und daher wurde die Marke verboten. Außerdem hat die Regierung den Verkauf von Süßigkeiten auf Schulhöfen verboten. Im Supermarkt müssen alle Produkte mit hohem Fett-, Zuckeranteil oder oder hohen Kalorien gekennzeichnet werden.
Tipps:
- Kochen anstatt Essen gehen
- Heimische Produkte kaufen, Importware ist sehr teuer
- Mate probieren und mit Einheimischen reden
- Brötchen probieren – Chilenen lieben ihre knusprigen Brötchen
Patagonien - Geographie und Mobilität
Als Patagonien bezeichnet man ungefähr das südliche Drittel Chiles. Dabei gibt es keine offizielle Grenze, jedoch fängt es ca. bei Puerto Montt an und geht bis Puerto Arenas im Süden. Zur Region Patagonien gehört neben der chilenisch Seite auch der südlichste Teil von Argentinisch. Um zu allen Sehenswürdigkeiten zu gelangen mussten wir deshalb mehrmals die Grenze zwischen Argentinien und Chile wechseln.
Landschaftlich kann man Patagonien zudem in Nord- und Südpatagonien trennen. Im Süden zeichnet das Land Gletscher des südlichen Eisdeldes, Spitze Berge und Felsen sowie Flachland mit Gras und Gebüsch aus. Die chilenische Seite ist dabei durch mehr Regen, die vom Pazifik kommen, gekennzeichnet. Die argentinische Seite ist wesentlich trockener und es gibt viel Steppe. Die Gebirgskette der Anden in der Mitte, welche ebenfalls die Grenze zwischen Chile und Argentinien darstellt, machen das Land so besonders.
Im nördlichen Teil Patagonien findet man viele grüne Hügel, Vulkane und Seen. Zudem verstecken sich aber auch hier mehrere Gletscher, die Ausläufer des nördlichen Eisfeldes sind. Da der Süden Patagoniens die meisten Highlights besitzt, ist dieser touristischer als der Norden. Hier gibt es gute Busverbindungen, viele Hostels und Essensmöglichkeiten. Jedoch gilt dies nur von Oktober-Mai, sprich Frühling bis Herbst. Im Winter sind viele Straßen wegen Schnee nicht passierbar und viele Busse werden eingestellt. Dies sollte man auf jedenfall bei der Planung beachten. In den Sommermonaten (Dez-März) ist es zudem recht überlaufen und teuer in den Städten. Wir reisten im April und fanden es super, denn wir hatten weniger Touristen, herbstliche Farben und meist noch gutes Wetter. Der Norden Patagoniens ist in aller Hinsicht etwas ruhiger. Auf der chilenischen Seite sind die Dörfer sehr klein und die öffentlichen Verkehrsmittel begrenzt. So gibt es Busverbindungen oft z.b. nur jeden zweiten Tag oder nur zu einer bestimmten Uhrzeit. Ein Mietauto ist auf jedenfall zu empfehlen, kostet jedoch auch ca. 70€ pro Tag, weshalb wir auf öffentliche Verkehrsmittel und Wartezeit zurückgriffen. Aufgrund des schlecht ausgebauten öffentlichen Verkehrsnetzes ist Trampen in Chile eine gängige Fortbewegungsmethode.Wir probierten es auch einige Male aus. Es ist ganz normal für Chilenen zu Trampen, das heißt auch Einheimische machen dies um von A nach B zu gelangen. Patagonien ist insgesamt, wie Chile im allgemeinen, recht teuer. Die Nationalparks verlangen mittel bis hohe Eintritte. Vergleicht man den chilenischen Teil mit dem argentinischen können wir sagen, dass in Chile die Langstreckenbusse günstiger waren, dafür aber die Unterkünfte teurer.
Tipps:
- Patagonien am besten im Frühling oder Herbst bereisen, um Touristenmassen und teuren Preisen zu vermeiden
- Keine Mitnahme von frischen Lebensmitteln beim Grenzübergang nach Chile – Chilenen sind sehr streng beim Zoll
- Trampen ausprobieren
- Im Vorfeld Busverbindungen anschauen (wenn möglich um Wartezeiten zu verkürzen)
- Bei höherem Budget ein Auto mieten
Unterkünfte
In den touristischen Städten sowie den Großstädten hatten wir keinerlei Probleme Hostels zu finden. Dabei gab es eine große Anzahl auf Booking oder Hostelworld. Wichtig war uns, dass das Hostel eine Küche hatte, da wie gesagt Auswärtsessen recht teuer ist. Neben dem Essen sind aber auch die Unterkunfte teurer, so fängt ein Bett im Schlafsaal bei 10-12€ an. In Nordpatagonien hatten wir zudem das Problem, dass es einfach keine Hostels mehr gab. Dort vermieteten Einheimische Zimmer in ihrem Haus, diese waren aber meist Doppelzimmer. Für Alleinreisende stellt sich dies als etwas schwieriger heraus. Eine gute Alternative ist Camping in Chile. Da wir lange reisen haben wir kein Zelt dabei. Es gibt aber in Chile, vorallem in Patagonien, sehr schöne und günstige Campingplätze. In Nationalparks in Patagonien kann man zudem oft auf kostenlosen selbstversorger Campingplätzen (ohne Annehmlichkeiten) schlafen. Jedoch sollte man beachten, dass die Nächte in Patagonien in den Schulterzeiten kalt, stürmisch und nass werden können – wir waren über ein Dach über dem Kopf öfters sehr froh.
Tipps:
- Günstige Alternativen suchen, wie Camping oder Workaway
- In Dorms schlafen
- Bei Buchungsseiten darauf achten, dass die 21% VAT miteinbegriffen ist oder sicher gehen, dass man sie als Tourist nicht zahlen muss
- Darauf achten, dass die Unterkünfte eine Küche haben
Osterinsel
Auf der Osterinsel verbrachten wir 12 Tage und lebten bei einer einheimischen (Rapa Nui) Familie im Rahmen eines Workaway Projektes. Dadurch bekamen wir einen authentischen Einblick in die Kultur und das Leben auf der Insel. Die Insel gehört offiziell zu Chile, deren ursprüngliche Menschen kommen aber eigentlich von Polynesisen. Sie selbst empfinden sich auch Teil der polynesischen Kultur mit eigener Sprache und nur als administrativer Teil von Chile. Die Insel liegt 3500 km entfernt vom Festland Chiles und diese Abgeschiedenheit merkte man doch deutlich. Vorallem Lebensmittel sind auf der Insel recht teuer, da das meiste vom Festland hingebracht wird und frisches Gemüse und Obst ist eher Mangelware. Beim Erkunden der Insel sahen wir ein paar bepflanzte Felder, jedoch gab es noch viele weitere freie und ungenutzte Flächen. Wir verstanden nicht ganz warum nicht mehr angebaut wird, aber kamen zu dem Entschluss, dass es warscheinlich weniger Arbeit bereitet es einfach aus Chile zu transportieren. Die Gelassenheit war auf der Insel ein großes Thema. Wir kannten ja bereits eine gewisse Ruhe und Gelassenheit aus Südamerika, aber auf der Insel war nochmal alles einen Schritt langsamer. Zum Beispiel war das Auto unserer Gastgeberin seit einem halben Jahr kaputt. Grund wieso es noch nicht repariert ist, ist einerseits die Abgeschiedenheit der Insel, da die Ersatzteile aus Chile gebracht werden müssen. Zudem kamen aber Ausreden wie „eigentlich wollte ich es machen, aber es hatte geregnet“ dazu. Auch als wir Möbel bauen sollten, aber nicht alle Teile hatten, wurde die Arbeit aufgeschoben anstatt die Materialien zu besorgen. Passend zur Gelassenheit spielt auch Marihuana eine wichtige Rolle in der Kultur bzw. im täglichen Leben der Einheimischen. Für uns etwas ungewohnt und erschreckend war, dass den ganzen Tag ein Joint nach dem Anderen geraucht wurde, auch vor den Kindern oder beim Autofahren. In Deutschland wäre dies unvorstellbar, aber dort sahen wir es in mehreren Familien. Eventuell begründet dies auch die insgesamte Gelassenheit der Insel.
Tipps um die Reise auf die Osterinsel möglichst günstig zu gestalten findet ihr unter dem Blogeintrag Osterinsel Teil 3 – Unser Reisebericht.